Eigentlich könnte man jedes Jahr seine alten Newsletter hervorholen aus dem Archiv und wieder teilen. Aber so einfach wollen wir es uns natürlich nicht machen. Und so gibt es auch dieses Jahr wieder zeitgeistige Gedanken zu einem traditionellen Hexenfest,  das als „Walpurgisnacht“ alle Jahre wieder einen legendären Ruf zu halten hat und das in vielen Menschen doch auch jede Menge an Bildern hervorruft, die nicht immer den tatsächlichen Festivitäten entsprechen müssen.

Ich denke das „beliebteste“ Bild (vor allem bei Männern) ist das von nackten Menschen, vornehmlich Frauen, die ums Feuer tanzen und dann als Höhepunkt in Ekstase und Lust wild übereinander herfallen. Ich erinnere mich als vor vielen Jahren (irgendwann zwischen 2001 und 2003) eine Schweizer Gratis Tageszeitung einmal einen Bericht über die Walpurgisnacht brachte.

Mit dem Schatten einer alten Hexe im Vordergrund und einer an einen Baum gefesselten nackten Priesterin die von einem Priester bekniet wurde im Hintergrund. Das ganze im Rahmen eines Artikels über „Wiccas“ die dies so handhaben würden und die mit diesem Ritual die „Heilige Hochzeit“ zelebrierten. Hatte allerdings etwas von „50 Shades Of Grey“ (das damals jedoch noch nicht existierte und somit noch nicht zum Synonym für softe S/M Praktiken geworden war).

Nachher standen Telefon und Email nicht mehr still, da immer wieder Leute (auch wieder vornehmlich Männer) in der Zwischenwelt anriefen, die sich plötzlich für dieses Fest interessierten und, als sie über die Tatsachen aufgeklärt wurden, dennoch fragten ob wir denn wüssten wo man Feste wie sie in der Zeitung dargestellt wurden abhielte. Es war irgendwie witzig, denn der tiefere Hintergrund dieses Hochfestes wurde dabei völlig negiert und via Sex wurde die „Walpurgisnacht“ zu etwas, das plötzlich für einige interessant war die wohl sonst beim Wort „Hexe“ sofort den Schniedel eher einziehen würden.

Ironisch, denn Walburga, nach der die Nacht später benannt wurde, war als Äbtissin eher lustfeindlich und sie läutete in den Nächten vor dem Maienfest fleissig die Kirchenglocken, damit das Geläut die Hexen und Heiden auf Distanz halten würden. Was diese natürlich nicht davon abhielt später mit dem Maienbaum und anderen symbolhaften Bräuchen direkt vor die Kirche zu rücken. Ganz unschuldig im Tanz um den Phallus Maibaum und vereinigt in bunten Bändern. Und der stärkste  und potenteste kletterfreudigste junge Mann eroberte den Schoss  den Kranz.

Jetzt, über ein Jahrzehnt nach diesem „tollen“ Beitrag in der Zeitung hat sich die Bedeutung dieser Nacht – den Göttern sei Dank – etwas aufgeklärt und die umfassendere  Sinnhaftigkeit von Beltane ist wieder präsenter. Liebe, Lust und Leidenschaft regieren auch heute noch den Hintergrund des Festes und in Wicca ist es denn auch die Vereinigung von Göttin und Gott in dieser Nacht, die mit ihrer Ekstase und Lebensfreude Fruchtbarkeit über das Land bringen.

Und auch wenn die Fruchtbarkeit im Rahmen der „Vermehrung“ unserer Spezies sicher nicht mehr so wichtig ist wie in den Zeiten hoher Kindersterblichkeit, als diese Riten auf den Feldern und Hainen gefeiert wurden, so sind in Zeiten der Trockenheit (ja, man mag es kaum glauben, aber fragt einmal einen Landschaftsgärtner oder Bauern, besser noch, vergleicht den Stand bzw. Spiegel der Flüsse und Seen einmal mit früher ) die physischen „Fruchtbarkeitshintergründe“ doch wieder ein Aspekt, dessen Wichtigkeit an Beltane wieder zunimmt. Schliesslich ist der Regen der „Same“ des Gottes der die Erde, den Schoss der Göttin, befruchtet.

Und so wie sich die Liebenden früher ums Feuer vergnügten um mit ihrem Akt diese Energie auf die Erde zu übertragen so soll natürlich auch heute diese Freude die Erde fruchtbar machen. Energie ist Energie und „alle Akte der Liebe und der Leidenschaft“ – auch nicht sexuelle – sind Rituale zu Ehren der Göttin.

Sicher gibt es auch heute noch traditionelle Wicca und andere Traditionen des Hexentums in denen tatsächlich ein geschlechtlicher Akt zwischen Hohepriesterin und Hohepriester stattfindet, aber dies ist eher selten geworden und meist ein Ritus in sich geschlossener Zirkel die aus verständlichen Gründen kaum die Öffentlichkeit suchen.

Der Grossteil weiht den heiligen Kelch (Schoss der Göttin) mit dem Athame oder Stab (Phallus des Gottes) um den sich darin befindlichen Met/Wein/Saft mit der Kraft der Ganzheit zu weihen, die sich dann auf die TeilnehmerInnen übertragen soll.

Oder/und man tanzt um den Maibaum und verknüpft bunte Bänder die diese Vereinigung fröhlich symbolisieren.

Inzwischen gibt es viele Rituale die auf ihre eigene Art den Zauber von Beltane einfangen und egal ob alleine oder in der Gruppe: die Wichtigkeit von Animus und Anima, Männlich und Weiblich, Yin und Yang sowie deren Untrennbarkeit stehen im Zentrum. Und das geht auch mit zwei Frauen, zwei Männern, einfach indem man beide Aspekte in sich ehrt, denn jeder Mensch hat diese in sich und wenn sie zusammenkommen entsteht Fruchtbarkeit in unendlicher Vielfalt, ausgedrückt in kreativer Offenbarung.

Was macht Beltane heute so besonders wichtig?

Beltane ist ein Fest bei dem die Lebensfreude in den Vordergrund rückt. In Zeiten die von vielen als so unsicher empfunden werden und die es tatsächlich auch wieder etwas mehr sind (dank der rückwärts gerichteten, politischen Entwicklung mancherorts, den Veränderungen im Klima, den Zerstörungen an der Umwelt und anderer Faktoren) stellt ein freudvolles Festen für manchen eine Herausforderung dar.

Aber sind wir einmal ehrlich: so richtig „sicher“ sind wir eigentlich nie, auch nie gewesen, und deshalb sollte das Leben in Licht und Schatten zelebriert werden, damit wir mehr Freude in das kollektive Netz einspeisen. Und wir sollten darüber hinaus erst recht so gut als möglich bei uns bleiben und das innere Gleichgewicht fördern, um in stürmischen Zeiten nicht mitgerissen zu werden und trotzdem im Vertrauen zu sein.

Und was eignet sich (neben Meditation) dazu besser als Kreativität. Tanz. Sex. Freude. Schwitzen, lachen, trommeln, küssen, knuddeln und ein offenes Herz das mit seinem pulsieren auch den Verstand ins Gleichgewicht bringt?

In einer Welt die die Negativität derzeit so zu zelebrieren scheint, auch wenn Werbung und Co „heile Welt“ vorspiegeln, und in der so manche alte Kräfte sich durch das Säen von Angst, dem Erschaffen von Feindbildern zum Eigenzweck sowie dem Einimpfen von Schuldgefühlen am Leben halten, ist jeder selbst dafür verantwortlich den richtigen Rhythmus zwischen Licht und Schatten zu finden und sich nicht von diesen Kräften in Bann schlagen zu lassen.

In Zeiten von Facebook, Google aber auch Breitbart und Co nicht immer einfach, aber lohnenswert.

Und es gibt doch noch so viele wunderbare Dinge die uns nähren, für die wir dankbar sein dürfen und auf die wir die Aufmerksamkeit richten sollen.

Beltane ist ein wichtiges Fest, weil es die Freude in den Vordergrund stellt. Weil es uns daran erinnert wie natürlich die Dinge eigentlich waren bevor man das Leiden zur Tugend erhob. Weil es uns bewusst macht, dass in einem Herz voller Freude auch der Schlüssel zu Erfüllung im Hier und Jetzt verborgen ist. Und um das Licht zu zelebrieren müssen wir auch mit dem Schatten tanzen können.

Beltane ist ein wichtiges Fest, auch und gerade wieder für uns hier in diesen Breiten. Es lässt uns den Regen und das Wasser zelebrieren. Regen, der eben hierzulande in der Verteilung Jahr für Jahr geringer ausfällt. Der Same des Gottes, die Liebe der Göttin, ihre Vereinigung, ihre Freude, ihre pure Lust am Leben: sie verändern die Welt. Im physischen wie auch im Spirituellen.

Das auf der anderen Seite des Globus nun Samhain gefeiert wird, und somit die Dunkelheit, ist bezeichnend. Zwei Seiten, ein Planet. Ein ganzer Organismus. Untrennbar…

Blessed Beltane und viel Freude.

Mögen Göttin und Gott sich in Euch vereinen und somit das Beltanefeuer IN Euren Herzen entflammen, damit es Liebe, Kreativität, Mitgefühl und die Kraft des „Miteinander“ nährt.

Und  damit natürlich auch die Freude an Eurer Sexualität 🙂

Dreamdancer April 2017

 

In unserem Beltane Ritual sind wir alle Priesterinnen und Priester. Wir weihen unseren Kelch mit Kreativität, Lebensfreude, Optimismus, Hoffnung und Fruchtbarkeit auf allen Ebenen um dann gemeinsam den gesegneten Met zu teilen und das Göttliche im Innen und Aussen zu ehren. Im Kreis, aber auch mit all jenen die in diesen Tagen diese heilige Zeit zelebrieren. Den Solitarys und den Coven, unseren Göttern und Geistern.

Andere feiern wild und ekstatisch Parties ums Feuer und zelebrieren die pralle Lebensfreude, sind damit wohl nahe an den Festen unserer heidnischen Vorfahren. 

Beltane ist ein bewegliches Fest und wird nicht von allen in der Nacht auf den ersten Mai begonnen. Viele, vor allem Coven und Ritualgruppen müssen sich auf ein Datum einigen, legen es an das allen passende Wochenende. Oder oft auch auf den nahen vollen Mond, dessen Symbolik der Fülle und Fruchtbarkeit natürlich dann die passende Energie und das richtige Licht spendet. Auch nach astronomischen Werten wird der Termin manchmal ausgerichtet.

Und wenn es regnen sollte dann ist auch das ein Grund zur Freude, denn dann segnet dieser das Land und die fruchtbare Erde. Beltane live und im Wetter, sozusagen  😉 

PS: Wer Fehler, Wortwiederholungen und  andere Verschreibsler findet, der darf sie gerne behalten *grins*…